Tourblog 4: Bremen, Münster und Düsseldorf
Bremen
Auf die Spedition kann man sich ja ohnehin nur
freuen. Zwar sollte die ganze Nummer für uns noch einen gewissen logistischen
und finanziellen Aufwand bedeuten, letztendlich stellte sich das aber als
halb so wild heraus.
Aber first things first: Unserem eigenen Heimspiel
fieberten wir schon lange entgegen und so kämpften wir am Donnerstag, unserem einzigen Off-Day, bis zuletzt mit der Müdigkeit und einem echt monstermäßigen
Verkehrsstau -kurz vor Bremen, wo sonst-, der uns bis in den Abend auf der
Autobahn festhielt. Daher war die Ankunft bei den Weingärtners umso
erleichternder und erfreulicher. Beinahe zeitgleich mit Lingby fielen wir durch
die Tür, in die Arme von Muddi und Vaddi und dann aufs Sofa. Ab diesem
Zeitpunkt war einfach alles gut. Es gab ein spätes Abendessen, was sag ich,
Barbecue (!), das in jeder Hinsicht perfekt war. Elf liebe Leute (und ich) an
einem Tisch und für eine gewisse Zeit hört man kein einziges Wort (eine Rarität
auf dieser Tour!), sondern nur noch zufriedene Essgeräusche. Im Anschluss
wurden –nun wieder unter heftigen Redeschwällen- mehrere Flaschen Wein
vernichtet, bis allen etwas schwindelig vor lauter Glück war. Herrrrlisch!
Freitag: leicht verkatert, aber immer noch beseelt
trudeln wir nach und nach in der Spedition ein. Das Sound-Team stellten wir
diesmal selbst und unser lieber Jü machte zusammen mit Andi Weingärtner einen
großartigen Job. Was dabei herauskam, war ein wunderbares Konzert, das auch und
gerade durch unser Bremer Publikum ein Riesenspaß wurde. Einmal mehr kochten
die Emotionen über und am Ende lagen sich alle in den Armen. Tanzend und jolend
verließen wir den Laden und toppten zuhause angekommen das späte Abendessen vom
Vortag mit Chili con Carne um 3:00 Uhr nachts. Am Tisch. Mit Familie. Word.
Tausend Dank, Bremen und Familie Weingärtner!
Lingby wissen: Gastfreundschaft hat einen Namen. Weingärtner.
("Wir heißen ja auch nich' Biergärtner, nä?!")
("Wir heißen ja auch nich' Biergärtner, nä?!")
Münster
Vorteil: Eine ganze Stadt voller junger, gerader,
schöner Menschen.
Nachteil: Eine ganze Stadt voller junger, gerader,
schöner Menschen.
Alle sind gebügelt, gestriegelt, fein ziseliert und süß. Auch die Pension Schmidt, in die man uns hineingebucht hatte,
machte eher den Eindruck eines Hybriden aus hipper Studenten-Bar und
gemütlichem Café, in das man als Kommunikations- und
Medienwissenschafts-Student auch schon mal auf'n Sonntag mit Mama, Papa, Opa und Oma
gehen kann, wenn die zu Besuch sind.
Cut.
Wir: krumm, laut und derb, gezeichnet vom
Tourleben und den üblichen Eskapaden, mit rauhem Ton und der allgegenwärtigen
Rotznäsigkeit. Egal. Muss klappen. Wir wurden nett begrüßt und Veranstalter
Niklas war ein aufrechter und an Freundlichkeit kaum zu
überbietender Gastgeber.
Ein bisschen anstrengend dagegen war die Sache mit
dem Sound. Zugegeben: man wollte in dem kuscheligen Lädchen eigentlich gar
nicht wirklich laut, oder mit viel körperlichem Einsatz spielen. Teils aus
Angst davor, das liebevoll zusammengeflohmarktete Interieur zu zerdeppern, und
teils davor, die Gäste bei ihren Unterhaltungen über die letzte KuWi-Klausur zu
stören. Dennoch: wer das Katapult bucht, häääätteeee sich im Vorfeld einen
Eindruck von dessen infernalischem Krach gemacht haben können, um Schlimmeres zu
verhindern. -Mr. Jazzpop an den Reglern hatte jedoch die Ruhe weg und drehte
alles erstmal vorsichtshalber auf halbsolaut und legte uns dann nahe, es ihm
in Hinblick auf unsere Verstärker doch bitte gleich zu tun. Murrend fügten wir
uns, der Etikette wegen, seinem Diktat.
Doch genug gemotzt. Auf der Bühne war
letztendlich alles in Ordnung und nur das zählte für uns an diesem Abend. Da
Lingby mit Dynamik ein bisscher mehr am Hut haben als wir, konnten unsere fünf
Freunde im Anschluss doch ein paar Köpfe zum Wippen bringen. Willis
Spendenaufruf hingegen, man möge sich erbarmen und etwas Kleingeld in unseren Sprit-Hut
werfen, quittierte ein besonders witziger BWLer eloquent und höflich: „Geh doch
arbeiten!“.
Tja, auch das kannst‘ haben…
Die Nacht im Hostel ging zu schnell herum (CHECKOUT UM ZEHN, SONST TODESSTRAFE!) und
bescherte uns so etwas wie einen richtigen Morgen. Hatten wir lange
nicht mehr. Das schöne: ohne Eile oder Termindruck im Genick entschieden wir
uns für ein ausgedehntes Frühstück in einer weiteren hippen Münsteraner
Location, dem Teilchen &
Beschleuniger. Es gab Kaffee, Tee und Brötchen mit Loch in der Mitte.
Letztere hatten witzige Namen von Leuten, die man möglicherweise im
Zubereitungsprozess mitverarbeitet hatte (Bagel mit Persönlichkeit). Oder auch
nicht. Lecker war’s allemal und so lümmelten wir einige Zeit brummend,
schmatzend und quakend in der Frühstücks-Höhle herum und belegten sicherlich
ein gutes Drittel der vorhandenen Plätze. Hahaha, suck on that, Münster!!
Auch schon wieder geil: als wir uns endlich zur
Abfahrt aufgerafft hatten, schien die Stadt uns nicht mehr gehen lassen zu
wollen. Auf dem Weg zur Autobahn war plötzlich jede für uns interessante Straße
und Auffahrt gesperrt. Ein wenig hektisch versuchten wir einen U-Turn (auch:
Chicago-Wende) auf leerer Bundesstraße. Der gelang auch und bekam sofort
Beifall von einem süffisant grinsenden Polizeibeamten, der uns sogleich in die
nächste Parkbucht winkte. Wohl um uns zu beglückwünschen.
Münster, du
verrücktes Örtchen.
Düsseldorf - Finale
In einer perfekten Welt würde das Glück ewig
währen. In einer perfekten Welt würde ich mich am Bass nicht mehr verhacken und
die Abendgage nie unter 500 Euro sinken, wären die Freigetränke unbegrenzt und
die Tour mit Lingby würde niemals zu Ende gehen, weil wir alle tierisch viel Freizeit
hätten und uns das ohne Probleme leisten könnten. Tja, die Welt ist zwar nicht
perfekt, aber immerhin sollte unser letztes gemeinsames Konzert in Düsseldorf
ein würdiger, wenn auch schwer von Melancholie durchsetzter, Abschluss werden.
Die Stimmung auf der Fahrt von Mü nach Dü war stark durchwachsen. Alle freuten
sich auf eine tolle Show, denn wir wussten: es kann gar nicht doof werden. Und
doch setzte stellenweise ein seltsames Gefühl ein, welches den einen oder
anderen zu ausgedehnten Starren aus dem Autofenster veranlasste.
Da wir trotz Irrfahrt durch Münster zum ersten
Mal überpünktlich am Zielort waren, konnten wir nach einem kurzen sonntäglichen
Stadtbummel in aller Ruhe ausladen und das Düsseldorfer Pretty Vacant in Augenschein nehmen. Plötzlich aber ging alles ganz
schnell: aufgebaut, verkabelt, angespielt, Sound steht. „Wie macht der das?!“
fragten wir uns verdutzt, ob der offensichtlichen Zauberkräfte des Tonmeisters.
Allein das nahm uns schon einiges von der Schwere, die der Tag so mit sich
gebracht hatte. Vor Lingby und dem Katapult stellte sich noch Martin Hannaford
allein mit Gitarre und Loopstation auf die Bühne und zog das bereits recht
große Publikum mit postrockig anmutendem Singer-Songwriter-Pop in seinen Bann. -Leider absolut melancholie-fördernd. Schluchz. Zur Ablenkung bestellten wir
soviel Bier wie wir nur konnten und freuten uns unter anderem über den Besuch
von Papa Heß, der sich und seinen Töchter die Ehre gab, zum ersten mal ein
Linbgy-Konzert zu besuchen und zu dem Anlass prompt mit einem ganzen Karton
Wein aufwartete. Stark!
Stage time. Lingby brannten ein echtes Feuerwerk
ab, bei dem mir an diversen Stellen das Wasser in den Augen stand. Ausgelassen,
emotional und wunderschön. Das mit meinen Augen sollte einfach nicht besser
werden; im letzten Moment vor dem Konzert pflegen wir Katapulte, wie Lingby und
sicherlich viele andere Bands auch, ein kleines Ritual zu begehen, bei dem wir eng
zusammenrücken und uns ein paar Worte der Ermutigung und Dankbarkeit sagen.
Heute hatten mit Sicherheit alle ein schweres Herz und einen Kloß im Hals.
Gleichzeitig war aber eben auch dieselbe Begeisterung präsent, wie wir sie
die vergangenen zehn Tage geteilt hatten. Auf der Bühne war so einiges zu
spüren. Die allgegenwärtige Melancholie, aber auch eine große Verbundenheit,
nicht nur innerhalb der Band, sondern auch zu den Jungs und Mädels von Lingby
und zum Publikum. Diese leitete uns durch unser Set, sodass wir nach einem
fulminanten Brother Blood, diesmal mit allen Lingbys auf der Bühne, erschöpft
und glücklich die Instrumente hinlegten und uns schluchzend in die Arme fielen.
Das war’s. Nicht zu fassen. Aber wie schon die liebe Judith im Lingby-Tourtagebuch
schrieb: „Irgendwie haben wir auch zu viel Schönes erlebt, um einfach nur
traurig zu sein“.
In einem Gefühls-Cocktail aus Erschöpfung, Freude,
Traurigkeit und eigentlich fast allem was man so fühlen kann, ging es spät am
Abend noch nach Köln, wo wir uns nach einigen Flaschen Wein (Standard) in
Judiths Wohnung zur Ruhe legten. Dann war er gekommen, der Morgen des
Abschieds. Obwohl wir erstaunlich gefasst waren, wusste wohl jeder in diesem
Moment, was uns alle seit dieser Tour verbindet. Das war zu spüren und zu
sehen.
Ab nach hause.
Ein paar Worte noch...
Da dieser Tourblog auch ein kleines bisschen mein
persönliches Baby ist, möchte ich fernab aller Albernheiten die Gelegenheit an
dieser Stelle nutzen und folgendes sagen:
Was wir zusammen erlebt haben, war einzigartig und
wird in meinem Herzen bleiben.
Meiner Band möchte ich noch einmal meine
Dankbarkeit ausdrücken für eine großartige Zeit voller spannender und
emotionaler Momente, zusammengehalten vom Gefühl der Bruderschaft und der Liebe
zur Musik. Und ich bleibe dabei: trotz meiner neuen Etappe an einem anderen Ort
wird das Katapult Bestand haben. Schließlich haben wir es gebaut.
Lingby. Vor jedem und jeder von euch kann ich nur
den Hut ziehen. Ihr seid nicht nur eine unheimlich gute Band, sondern fünf Menschen, deren
Bekanntschaft und neue Freundschaft mir eine große Ehre ist. Ich hatte mich
ohnehin wie ein kleines Kind auf diese Tour mit euch gefreut, aber alles war
einfach noch viel schöner, als ich es mir hätte vorstellen können.So gehe ich also mit einem lachenden und einem weinenden Auge nach Tübingen. In jedem Fall aber in der Gewissheit, etwas ganz großes
erlebt und mit euch geteilt zu haben.
Lars
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